Halbinsel Reykjanes - Was ist zu beachten, wenn man einen Vulkanausbruch besuchen möchte
Die südlich von Reykjavik (ca. eine Autostunde) gelegene Halbinsel Reykjanes wurde lange von Reisenden etwas stiefmütterlich behandelt, ob wohl sie eine Menge zu bieten hat. Bekannt ist sie natürlich für ihre Thermalgebiete Gunnuhver, Seltún-Krýsuvík und natürlich die Blaue Lagune. Seit März 2021 ist die Halbinsel für Ihre, mittlerweile Vulkanausbrüche, bekannt. Allein seit Dezember 2023 gab es sieben Ausbrüche, insgesamt neun Ausbrüche seit 2021.
Zur Ruhe gekommen ist das Gebiet jedenfalls nicht. Aktuell gibt es wieder einen Ausbruch am Krater Sundhnúkur (20.11.2024, 23:14 Uhr) auf der Halbinsel, unweit der Stadt Grindavík. Vulkanaktivität ist halt unberechenbar. Und das ist auch schon die erste und womöglich schwerwiegendste Gefahr, die von Vulkanen ausgeht.
Am 19. März 2021 meldete das staatliche Fernsehen am um 20:46 Uhr einen Ausbruch am Fagradalsfjall. Was dann geschah, hatte ich nicht erwartet: Gefühlt jeder Isländer stieg in sein Auto und fuhr in Richtung des Ausbruchsortes. Also machte auch ich mich auf den Weg. Ehrlich, so viele Autos auf der Straße nach Keflavík habe ich noch nie gesehen. Die Isländer lieben ihre Natur(Ereignisse) und wenn es etwas zu sehen gibt, dann fährt man eben dort hin. Während ich noch im Auto saß tauchten bereits die ersten Bilder in den sozialen Netzwerken auf. Das staatliche Fernsehen RUV übertrug den Ausbruch live via Webcam. (Wenn es etwas passiert kann man hier zusehen: www.ruv.is, www.mlb.is, www.visir.is und auch auf YouTube kann man die Ereignisse live verfolgen.) Ich selbst kam in dieser Nacht nur bis Grindavík, suchte mir ein ruhiges Plätzchen und bestaunte den feuerroten Himmel, vor dem sich die schroffen Berge in scharfer Silhouette abhoben.
Der Ausbruch am Fagradalsfjall, genauer gesagt, handelt es sich um eine Spalteneruption, war der erste Ausbruch seit knapp 800 Jahren auf der Halbinsel. Der letzte Ausbruch davor dauerte 30 Jahre und fand zwischen den Jahren 1210 und 1240 statt. Insgesamt gibt es hier vier aktive Vulkansysteme: Das gleichnamige Vulkansystem Reykjanes mit dem Zentralvulkan Gunnuhver und Svartsengi, Krýsuvík mit dem Zentralvulkan Trölladyngja, Brennisteinsfjöll und Hengill. Einige Wissenschaftler sprechen sogar von sechs Vulkansystemen.
Auch die anderen beiden Ausbrüche waren Spalteneruptionen. Aus Sicht eines Vulkans eine eher sehr ruhige Angelegenheit und daher gut zu beobachten. Bei explosiven Eruptionen sähe die Sache schon ganz anders aus. Da möchte man nicht in der Nähe sein. Die Eruption am Fragradalsfjall war wie gemacht für Touristen. Hier hatte man hervorragende Bedingungen, dass faszinierende Naturschauspiel aus einem sicheren Abstand zu beobachten. Innerhalb kürzester Zeit wurden Wanderwege zur Ausbruchsstelle ertüchtigt. Die zweite Eruption war dann schon nicht mehr „so nett“. Hierbei bestand erhebliche Gefahr für den Ort Grindavik, der schließlich evakuiert werden musste. ( Seit Ende Oktober 2024 war der Ort wieder für alle zugänglich. Mit dem aktuellen Ausbruch wurde er wieder einmal evakuiert und ist im Moment nicht zugänglich.)
Erdbeben im Vorfeld des Ausbruchs richteten Schäden an Gebäuden und Infrastruktur an und die Lava erreichte erste Wohngebäude. Beim vorletzten Ausbruch, war die Bedrohung durch die Lava noch größer. Dieser Ausbruch war nur schwer zugänglich, und der Bereich wurde nicht für die Öffentlichkeit freigegeben. Umliegende Straßen wurden durch die austretende Lava beschädigt. Die kleine Stadt Grindavik war einer ernsten Gefahr ausgesetzt, zerstört zu werden. Ebenso drohte da naheliegende Kraftwerk in Mitleidenschaft gezogen zu werden, was erhebliche Auswirkungen auf die Stromversorgung der ganzen Halbinsel hätte. Die Blaue Lagune musste geschlossen werden und wird vermutlich wieder geschlossen, falls ein weiter Ausbruch bevorsteht bzw. stattfindet. Mit Wällen versuchte man den Lavafluss umzuleiten bzw. aufzuhalten, was gerade so gelungen ist, bevor der Ausbruch zum erliegen kam. Aktuell werden diese Wälle noch verstärkt.
Stichwort Erdbeben: Vor den Ausbrüchen kam es immer zu einer Serie von Erdbeben, zumeist Schwarmbeben von recht geringer Stärke, aber auch stärkere Beben. Dazu gibt es eine Live-Erdbebenkarte auf der Seite des isländischen Meteorologischen Instituts. Im Großen und Ganzen muss sich niemand sorgen um die Erdbeben machen, die Isländer leben seit Jahrhunderten damit und die Bauwerke sind für Erdbeben bis zu Magnitude 7 ausgelegt. Allerdings sollte man, wenn eine Bebenserie einsetzt durchaus lose Dinge, z.B. auf Balkonen oder Regalen, sichern. Ist man gerade unterwegs, so muss man durchaus mit Steinschlägen oder Murenabgängen an Berghängen rechnen. Auch plötzlich auftretende Straßenschäden können dann unvermittelt eine Gefahr darstellen. Beim Autofahren ist dann Vorsicht geboten. (Kurioser Weise ging dem jetzigen Ausbruch kaum eine gesteigerte seismische Aktivität voraus, der Ausbruch kam sehr überraschend, was die Wissenschaftler vermuten lässt, dass sich womöglich das gesamte Ausbruchsmuster geändert haben könnte.)
Der vorletzte Ausbruch endete genau zwei Tage bevor ich wieder auf Island eintraf. Schade, denn ich hatte mich sehr darauf gefreut, solch ein Ereignis ein weiteres Mal zu erleben. In die Nähe der Eruptionsstelle am Krater Sundhnúkur zu gelangen ist nicht möglich, da es keine sicheren Wanderwege gibt. Aber auch mit gebührendem Abstand hätte man den Ausbruch gut sehen können. Es findet sich meist eine Erhebung, zu der man wandern kann, um einen Ausbruch aus sicherem Abstand beobachten zu können. Aktuelle Informationen zum Ausbruchsgeschehen, Warnungen, Sperrungen und Zugänglichkeiten zu Orten und Sehenswürdigkeiten finden sich hier: https://www.visitreykjanes.is/en/volcano-eruption/eruption-news
Auch jetzt wieder, das Land hebt sich weiterhin, Magma strömt weiterhin in den Magmatunnel und es steht zu befürchten, dass weitere Eruptionen auch in Zukunft bevorstehen. Die Gegend wird von Wissenschaftlern engmaschig überwacht. Wer also die Gegend um Grindavik und die Eruptionsstellen besuchen möchte, schaut bitte zuvor auf HIER welche Straßen befahrbar sind und welche Straßen gesperrt sind. Zum Teil dauern die Reparaturen an den beschädigten Straßen noch an. Da ein Teil der neuen Straße auf bzw. durch die frische Lava gebaut wurden, ist es nicht ratsam, die Straße irgendwie zu verlassen. Frische Lava ist sehr instabil. Wir hier unterwegs sein möchte, dem kann man nur raten, die Gegend mit einer geführten Tour zu besuchen. Auch Rundflüge mit einem Flugzeug oder Hubschrauber sind eine großartige Möglichkeit, die frischen Krater und die frische Lava zu betrachten. Wenn es als sicher gilt, dann werden auch Rundflüge über Vulkanausbrüchen angeboten.
Falls es eine imminente Bedrohung durch einen möglichen Ausbruch gibt, wird man in der näheren Umgebung per SMS gewarnt. Bitte folgt den Anweisungen der Behörden und der Rettungsteams vor Ort.
Gefahren die einem vielleicht erwarten
Wer sich also auf den Weg zum einer „freundlichen“ Ausbruchsstelle macht, sollte also einiges beachten. Als Erstes natürlich, dass der Bereich für die Öffentlichkeit freigegeben wurde. Diese freigegeben Bereiche bitte auch nicht verlassen! Festes Schuhwerk und wetterfeste Kleidung sind ein Muss. Ein bisschen Wegzehrung ist sehr ratsam. Wanderungen zu Ausbrüchen in entlegenen Gebieten können Kräftezehrend und lang sein. Bitte immer bedenken, dass auf Island das Wetter jederzeit umschlagen kann. Es kommt immer wieder vor, dass Besucher ihre Leistungsfähig überschätzen. Also geht die Sache eher langsam an. Sorgt dafür das Euer Telefon immer eingeschaltet und aufgeladen ist. Macht Euch bevor ihr aufbrecht mit der Umgebung vertraut und schaut auf den Wetterbericht.
Neben den recht offensichtlichen Gefahren, wie sprudelnde und bis zu 1200 Grad heiße Lava die aus dem Vulkanschlot geschleudert wird, gibt es noch weniger offensichtliche. (Vielleicht sollte man noch bedenken, dass Vulkanausbrüche auf den meisten Bildern eher ungefährlich aussehen, wenn man aber davorsteht, ändern sich die Größenverhältnisse extrem schnell und man erkennt erst dann die Mächtigkeit, die hinter solch einem Ausbruch steckt). Man sieht, dass Lava durchaus mehrere hundert Meter in Luft geschleudert wird. Behaltet immer im Hinterkopf, dass sich das Ausbruchsgeschehen ohne Vorwarnung jederzeit ändern kann. Haltet Abstand. Von einem Lavabrocken getroffen zu werden, selbst einem kleinen, kann tödlich enden. Abgesehen davon, kann sich und das ist schon passiert, unvorhergesehen an anderer Stelle ein Spalt öffnen. Dann wären da die Lavazungen, die aus bereits erstarrter Lava bestehen. Man sollte niemals darauf treten, denn das Material ist sehr brüchig und kann unter der Oberfläche nicht nur tödlich heiß, sondern sogar noch flüssig sein. Und das über einen sehr langen Zeitraum, also auch wenn der aktuelle Ausbruch zu Ende ist. Es kann wunderschön aussehen, wenn Regen auf solch ein frisches Lavafeld fällt, das Wasser verdampft und einen dichten Nebelteppich bildet. Hinzukommt, dass bei einem noch aktiven Ausbruch die oberflächlich bereits erstarrte Lava immer wieder unvorhersehbar aufbricht und flüssiges Gestein austritt. Ein unglaublich faszinierender Anblick, denn man jedoch besser aus sicher Entfernung genießen sollte.
Eine weitere, zumeist unterschätzte Gefahr stellen die giftigen Gase da, die während einer Eruption direkt an der Eruptionsstelle, aber auch in deren Nähe auftreten können. Die Zusammensetzung der Gase variiert je nach Art des Vulkans und der Magma-Zusammensetzung, aber einige der am Häufigsten auftretenden Gase sind:
- Wasserdampf: Kommt die heiße Lava mit Wasser in Kontakt, verdunstet dieses explosionsartig und es entstehen große Dampfwolken. Diese sogenannten "Lahar-Wolken" können extrem heiß und gefährlich sein und zu schweren Verbrennungen und Atemwegserkrankungen führen, zum Beispiel, wenn die Lava ins Meer fließt.
- Kohlenmonoxid: Ein farb- und geruchloses giftiges Gas, das schwer als Luft ist, sich also am Boden und Senken sammeln kann. Typische Symptome einer leichten Kohlenmonoxidvergiftung sind Kopfschmerzen, Dyspnoe, Lethargie, Sehstörungen und Übelkeit. Diese Art der Vergiftung kann zum Tod führen.
- Kohlendioxid: Ein Treibhausgas, das ebenfalls schwer als Luft ist. Es ist geruchslos und hat einen leicht säuerlichen Geschmack. Symptome einer leichten Kohlendioxidvergiftung sind: Übelkeit, Kopfschmerzen und Schwindel. Eine hohe Kohlendioxidkonzentration kann zum Atemstillstand führen.
- Schwefeldioxid: Reagiert mit Wasser in der Atmosphäre zu Schwefelsäure, die sauren Regen verursacht und Atemwegserkrankungen hervorrufen kann. Sollte Lava also mit Wasser in Kontakt kommen, kann man sich durch das einatmen der feuchten Luft durchaus eine signifikante Atemwegsverletzung erleiden. Ebenso kann es bei einer höheren Konzentration zu einer Verätzung der Atemwege kommen. Auch Schwefeldioxid ist schwer als Luft und sammelt sich daher in Bodennähe.
- Schwefelwasserstoff: Ein giftiges Gas, das mit Übelkeit, Erbrechen und Schwindel sowie in hohen Konzentrationen zu Lähmungen und Tod führen kann. Dieses gas ist jedoch nicht geruchslos und kann daher als möglich Gefahr wahrgenommen werden. Es riecht nach faulen Eiern und jeder der Island bereits besucht hat kennt, diesen Geruch vom Duschen in einer allerdings unbedenklichen Konzentration. Auch dieses Gas ist geringfügig schwer als Luft.
- Fluorwasserstoff: Aggressives Gas, das die Haut, Augen und Atemwege reizt und zu Verätzungen führen kann.
- Chlorwasserstoff: Ein ist ein farbloses Gas mit einem stechenden Geruch. Es ist stark sauer und ätzend und reagiert mit Wasser zu Salzsäure
Neben den Gasen gibt es natürlich auch ein sehr hohe Staub- und Aschebelastung. Hier ist das Tragen einer entsprechenden Staubschutzmaske und einer Schutzbrille durchaus sinnvoll. Wer sich jedoch länger oder näher an einem Ausbruch aufhalten möchte oder sogar aufhalten muss, der sollte eine entsprechende Atemschutzmaske mit den geeigneten Atemschutzfiltern (gibt es als Kombifilter für die häufigsten vulkanischen Gase, außer Kohlenmonoxid) und einem Gaswarngerät ausstatten. Hierbei ist zu beachten, dass die Verwendung von Masken zu einer körperlichen Mehrbelastung führt, die man nicht unterschätzen sollte.
Es bestehen also durchaus ernstzunehmende Gefahren, wenn man sich in einem Ausbruchsgebiet aufhält oder aufhalten möchte. Die isländischen Behörden überwachen die Gas- und Staubbelastung (Übersicht über die Luftbelastung) sehr genau und geben entsprechende Warnungen heraus. Ebenso wird die Gesamtgefahrenlage ständig neu bewertet und veröffentlicht. Das Gebiet wird je nach Lage für die gesperrt oder teilweise gesperrt. Diese Warnung sollten auch beachtet werden. Unter https://safetravel.is/de/ findet ihr aktuelle Warnhinweise, nicht nur für vulkanische Aktivitäten, für ganz Island. Bei euer Islandreise (LINK) sollte die entsprechende App auf euren Smartphone nicht fehlen.
Ich war erstaunt wie viele Isländer ein Gaswarngerät besitzen, mit denen natürlich die Rettungsteams an der Eruptionsstelle ausgestattet waren. Gehen die Dinger los, heißt es Maske aufsetzen, aber in jedem Falle bedeutet das, als erste Maßnahme zum Selbstschutz sich in höheres Gelände zu begeben, da die Gase sich am Boden sammeln, was besonders an windstillen Tagen zur Gefahr werden kann und immer wieder zu Sperrungen des Bereichs um die Fagradalsfjall-Eruptionsstelle führte. Einsetzende Kopfschmerzen können durchaus ein erster Hinweis auf eine einsetzende Gasvergiftung sein. Also unverzüglich in höheres Gelände gehen. Ebenso ist man gut beraten, die Windrichtung ein wenig im Blick zu haben und darauf zu achten, dass der Wind die Eruptionsgase von einem wegweht.
Besonders beeindruckend ist solch eine Eruption natürlich in der Dämmerung. Daher machen sich viele Besucher erst abends auf den Weg und treten in der Dunkelheit den Rückweg an. Selbst markierte Wanderwege, wenn sie denn eingerichtet werden, können in der Dunkelheit zu einer Gefahr werden. Hier ist sehr sinnvoll eine Stirn- oder Taschenlampe dabei zu haben.
Und noch ein kleiner Tipp: Wer beim Anflug einen Fensterplatz hat, der hat bei klarem Wetter eine gute Chance die neue Lava zu sehen oder sogar den möglichen neuen Ausbruch.
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