Fußball in Island | Das Geheimnis des Erfolgs
- Die WM-Träume eines Landes
- Ein Tag, der die Geschichte veränderte
- Frühe Geschichte des Fußballs in Island
- UEFA-Europameisterschaft 2016
- Die isländische Frauenfußball-Nationalmannschaft
- KSÍ | Der isländische Fußballverband
- Grassroots-Fußball in Island
- Die isländische Fußballliga (Úrvalsdeild karla)
- Die wichtigsten Spieler im isländischen Fußball
- Albert Guðmundsson
- Sara Björk Gunnarsdóttir
- Eiður Smári Gudjohnsen
- Gylfi Sigurðsson
- Margrét Lára Viðarsdóttir
- Island & die FIFA-Weltmeisterschaft 2018
„Sportfoto des Jahres 2016“ (Island) von Vilhelm Gunnarson
Der Fußball hat in Island eine neue Heimat gefunden; die Nationalmannschaften der Männer und Frauen haben sowohl in europäischen als auch in globalen Wettbewerben neue und unerwartete Höhen erreicht. Doch was ist das Geheimnis ihres Erfolgs? Wie konnte eine Insel mit nur drei Monaten Sonnenlicht innerhalb von fünf Jahren in der FIFA-Weltrangliste 91 Plätze nach oben klettern? Lies weiter, um alles Wissenswerte über den Fußball in Island zu erfahren.
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Wenn du mehr über die heimischen Clubs und Ligen in Island erfahren möchtest – und nicht nur über die Nationalmannschaft – lies unseren Blog: Die besten Fußballvereine in Island.
Die WM-Träume eines Landes
Quelle: TayebMEZAHDIA
Island war das kleinste Land, das jemals an einer FIFA Fußball-WM teilnahm, als das Team 2018 nach Russland fuhr. Die Fans zu Hause tobten vor Begeisterung und freuten sich darauf, allen zu zeigen, was ihre Nationalmannschaft auf der Weltbühne leisten kann – die Spieler wollten die Fußballwelt mit ihren Stollenschuhen durcheinander wirbeln!
Doch in der superstarken Gruppe D erreichte Island im ersten Spiel gegen Argentinien zwar ein Unentschieden (1:1), verlor dann aber gegen Nigeria und Kroatien und landete damit auf dem vierten und letzten Platz. Das Abenteuer war zu Ende, bevor es richtig begonnen hatte.
Ein Tag, der die Geschichte veränderte
Stell dir die Szene vor: 27. Juni 2016. Der Himmel über dem Grashügel Arnarhóll ist am Nachmittag halb bedeckt, und alle Augen sind auf die riesige Leinwand gerichtet, die neben dem Ingólfstorg-Platz aufgebaut wurde. Die Zuschauermenge ist laut, rowdyhaft und aufgeregt – wie es sich für ein gutes Fußballpublikum gehört. Zum Glück besteht aber kein Grund zur Sorge: In Island gibt es keine Hooligan-Kultur, und außerdem steht die ganze Crowd hinter einer Nationalmannschaft – und nur hinter einer Nationalmannschaft!
- Siehe auch: Wie man nach Island zieht | Der ultimative Guide
Quelle: KSÍ - Knattspyrnusamband Íslands Facebook
Wer am Ort des Geschehens war, konnte sich dem gemeinsamen Rausch unmöglich entziehen. Hunderte – wenn nicht sogar Tausende – von animierten isländischen Fans brüllten gleichzeitig; ihre Rufe „Afram Island!“ (“Vorwärts, Island!”) waren genauso laut und ursprünglich wie der vereinte Viking Clap, der durch die Luft ertönte. Doch trotz der kollektiven Leidenschaft und Freude fühlte sich die Szene gespenstisch traumhaft und surreal an; was wir alle gerade miterlebt hatten, konnte doch nicht real sein, oder?
Der Schlusspfiff markierte einen Wendepunkt in der Sportgeschichte: 2:1-Sieg für Island gegen England…
- Schau dir die Reaktion vor Ort an: Island schlägt England 2-1!!!!!! Island erreicht die Runde der letzten 8!!!!!
Three Lions auf dem Trikot-England? Football’s Coming Home-England? Multimillionen-Pfund-, Premier-League-, Sponsoring-„durchtränktes“, Post-Brexit-England? Nein, sie konnten uns nicht schlagen. Es war geschehen. Der ohrenbetäubende Lärm der ekstatischen Isländer war nicht misszuverstehen. Sie hatten gewonnen.
Die Frage war nun natürlich, wie diese junge, gut aussehende und tätowierte Truppe von Wikinger-Athleten die Three Lions mit so viel Grazie besiegen und demütigen konnte? Hinweise hätten die Kommentatoren bei einem Rückblick auf die Playoffs für die FIFA-WM 2014 finden können.
Obwohl die Isländer damals gegen Kroatien ausschieden (durch eine Rote Karte hatte Island einen Spieler verloren), erwiesen sie sich als harte Konkurrenten und verlangten den Kroaten – die damals eine erfolgreiche Saison feierten – einiges ab.
Quelle: KSÍ - Knattspyrnusamband Íslands Facebook
Das kann doch aber nicht die ganze Geschichte sein, oder? Es gab schließlich schon andere Fußball-Wunder, die sich später als „Strohfeuer“ entpuppten, z. B. Estlands Gewinnsträhne in der Qualifikation zur WM 2006 oder Dänemarks überraschender Sieg zu Beginn der EM 2012. Die von den Isländern gezeigten Taktiken – Balleroberungen in Guerilla-Manier, Abwehrblockaden und ausgeprägter Teamgeist – deuteten schon auf eine Mannschaft hin, die das Spiel beherrschen und sich weiter verbessern möchte.
Damit standen die Isländer in krassem Gegensatz zu den Engländern, die sich durch ihre etwas lethargische Herangehensweise an das Spiel – zumindest an diesem Abend – als unterlegene Gegner erwiesen.
Die Isländer waren nun auf dem Weg ins Viertelfinale der EM 2016 und bereiteten sich darauf vor, der französischen Nationalmannschaft auf deren Heimrasen entgegenzutreten. Und wer wusste inzwischen, was zu erwarten war? Genau: Die internationalen Kommentatoren äußerten sich nun nicht mehr so spöttisch und abfällig über diese kleine Mannschaft aus einem Land mit einer winzigen Einwohnerzahl. Jetzt waren die Isländer die gefürchteten „Underdogs“ der EM – ein Team, das Europa und die Welt hinter sich bringen konnte.
Quelle: KSÍ - Knattspyrnusamband Íslands Facebook
Seit diesem Tag gelten die isländischen Fußballprofis hier als Nationalhelden. Ihre Siege lösten in Island eine Welle der Leidenschaft, des Interesses, der Nachahmung und des Ehrgeizes aus – und führten zu einer Fußball-Renaissance, die den Nationalsport Handball in den Hintergrund rücken ließ.
Und obwohl die Isländer gegen Frankreich mit 2:5 verloren, hatten sie einen Triumph erzielt, der in der Sportgeschichte des Landes einmalig war – in einer Geschichte, die nicht immer so reibungslos verlief...
- Siehe auch: Islands Fußballmannschaft ist wieder zu Hause
Frühe Geschichte des Fußballs in Island
Quelle: KSÍ - Knattspyrnusamband Íslands Facebook
Islands vielgeliebte Landschaft – eine Kombination aus welligen Vulkanhügeln, trockenen Lava-Plateaus und bedrohlichen Bergkämmen – war bis in die jüngste Geschichte hinein wenig einladend für Freizeit-Fußballer. Die Spielfelder bestanden im besten Fall aus Sand, Kies oder getrocknetem Magma. Während der schneereichen Wintermonate war es unmöglich, zu spielen oder zu trainieren, sodass nur etwa drei Monate im Jahr übrig blieben, in denen das Wetter diesen Sport im Freien zuließ.
Die isländische Nationalmannschaft spielt erst seit 1957 auf Rasen, obwohl der erste Fußballverein der Insel – Knattspyrnufélag Reykjavíkur (Fußballclub Reykjavík) – bereits 1899 gegründet wurde. Angesichts der harten und unkontrollierbaren Bedingungen ist es kein Wunder, dass sich die Isländer beim Outdoor-Arena-Sport immer benachteiligt fühlten.
Die isländische Fußballliga Úrvalsdeild karla wurde 1912 ins Leben gerufen. Nach der Gründung der Liga begannen sich schnell eine Reihe von Vereinen zu bilden.
Quelle: KSÍ - Knattspyrnusamband Íslands Facebook
Das erste Länderspiel Islands fand am 29. Juli 1930 gegen die Faröer-Inseln statt und endete mit einem 1:0-Sieg über die faröische Heimmannschaft. Das erste FIFA-Match war das Spiel zu Hause gegen Dänemark am 27. Juli 1946, das die Isländer mit 0:3 verloren.
Unbeeindruckt davon erreichten sie ein Jahr später gegen Finnland ihren ersten internationalen Sieg (unter dem FIFA-Schirm). Während dieser gesamten Zeit nahm Island an keinen Qualifikationsspielen für Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften teil. Das änderte sich ab 1974 – danach war Island in allen Qualifikationsrunden vertreten.
Die demütigendste Niederlage erlitten die Isländer gegen ihre alten Kolonialherren – die Dänen – in einem Freundschaftsspiel 1967, das mit einer erschütternden 2:14-Niederlage endete. In Island gibt es sogar ein Bier, das nach dieser Niederlage benannt wurde: Nørrebro / Borg 14-2 – am besten zu genießen kalt, während man sich das folgende Video anschaut.
Erst um die Jahrhundertwende begann die isländische Nationalmannschaft, auf sich aufmerksam zu machen. Obwohl sich Island nicht qualifizierte, kam das Team nahe an die Euro 2004 heran – es landete auf dem dritten Platz der Qualifikationsgruppe, nur einen Punkt hinter Schottland, und verpasste somit nur knapp die EM-Teilnahme. Auch im Jahr 2014 stand Island kurz davor, als kleinstes Land aller Zeiten zur WM fahren – wurde aber durch eine 0:2-Niederlage gegen Kroatien davon abgehalten.
Mit Beharrlichkeit und unter der Führung von Trainer Lars Edvin „Lasse“ Lagerbäck gelang der Mannschaft im Jahr 2015 schließlich der große Durchbruch. Mit zwei Siegen über die Niederlande bahnte sich erstmals ein isländischer Kader seinen Weg zu einem großen europäischen Turnier – der EM 2016. Während der Zeit der Qualifikation kletterte das Team auf den 23. Platz der FIFA-Weltrangliste – so hoch wie nie zuvor in der Geschichte der Mannschaft. Und im Juli 2017 rangierte Island sogar auf Platz 19.
- Siehe auch: Geschichte & Kultur Islands
UEFA-Europameisterschaft 2016
Wikimedia. Creative Commons. Quelle: Tobias Klenze
Am 13. Oktober 2015 belegte Island den 2. Platz in der Qualifikation für die Europameisterschaften 2016. Nach zehn Partien hatten die Newcomer sechs gewonnen, zwei verloren und zweimal unentschieden gespielt. Das erste EM-Spiel des Landes überhaupt sollte gegen Portugal – einen großen Favoriten und Titelanwärter – stattfinden.
Die Partie begann schlecht für Island – Nani erzielte nach 30 Minuten das erste Tor für Portugal. Nach 20 Minuten hartem Spiel gelang Island der Ausgleich durch einen Treffer von Mittelfeldspieler Birkir Bjarnason. Entgegen aller Erwartungen endete das Spiel mit einem Unentschieden, was in der Fußballwelt für viel Aufsehen sorgte.
Das 1:1-Unentschieden gegen Island in der ersten Runde war für das Superstar-Team Portugal ein herber Rückschlag; die Isländer dagegen hatten die Welt mit ihrem Mut, ihrem Können und ihrem Teamgeist überrascht.
Natürlich gab es lautstarke Kritik von Seiten der besiegten Portugiesen, insbesondere von Cristiano Ronaldo, der als einer der ersten seine mangelnde Begeisterung für dieses aufkeimende Märchen zum Ausdruck brachte.
Ronaldo kommentierte später: „Ich dachte schon, sie hätten die EM gewonnen, so wie sie am Ende herumgesprungen sind. Es war unglaublich. Wenn sie nicht versuchen zu spielen und nur verteidigen, verteidigen, verteidigen, zeigt das meiner Meinung nach eine kleine Mentalität und sie werden in diesem Wettbewerb nichts erreichen.“
Dies von einem Mann, dem eine private Umkleidekabine im bescheidenen Laugardalsvöllur-Stadion verwehrt wurden.
Quelle: KSÍ - Knattspyrnusamband Íslands Facebook
Der isländische Trainer reagierte schnell auf die Kommentare und erklärte lässig: „Er kann machen, was er will, wir sind einfach glücklich über den Punkt.“ Verteidiger Kári Árnason antwortete, Ronaldo sei „ein schlechter Verlierer“, und fügte hinzu: „Er wollte das Spiel nicht verlieren. Was erwartet er – dass wir wie Barcelona gegen ihn spielen? Er stolziert herum und lässt sich fallen. Wir haben ihm keine besondere Beachtung geschenkt.“
Die isländische Mannschaft hatte bei der EM 2016 zwei große Durchbrüche. Im nächsten Spiel gegen Ungarn gab es zwar einen kurzen Aussetzer, als Birkir Saevarsson durch ein Eigentor Punkte verschenkte, dennoch stand es beim Schlusspfiff 1:1 – und die Newcomer waren nun zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten geworden.
Es war jedoch das letzte Match der Vorrunde gegen Österreich, das Island die Tür zu großen Spielen gegen die Meisterteams des Fußballs öffnete. Arnór Ingvi Traustason sorgte nach einem Konter in der Nachspielzeit für das Tor zum 2:1-Endstand – das war der Sieg für Island! Zum ersten Mal in der Turnier-Geschichte sollte Island auf dem Spielfeld auf England treffen.
Machen wir es kurz: In diesem phänomenalen Spiel schlug Island England 2:1 und zog somit ins Viertelfinale ein, wo der Weg aber leider nicht an Frankreich vorbei führte. Der Sieg gegen England war aber ein regelrechter Egobooster für den Außenseiter Island und eine Sensation für die kleine Atlantikinsel! Englands Stürmer Alan Shearer selbst bezeichnete die Niederlage als „größte Peinlichkeit in der Geschichte unserer Nationalmannschaft“.
Die isländische Frauenfußball-Nationalmannschaft
Die isländische Frauenfußball-Nationalmannschaft, die im Juni 2017 den 19. Platz in der FIFA-Weltrangliste belegte, sorgte ebenfalls für Begeisterung unter den isländischen Fans; die Nationalspielerinnen fuhren zur Euro 2017, und genau wie bei „unseren Jungs“ stand die Nation entschlossen hinter ihnen.
Es war das dritte Mal, dass die Frauenmannschaft die Endrunde erreichte. Der damalige Kader wurde von dem isländischen Fußballspieler und Manager Freyr Alexandersson trainiert, und Team-Kapitänin war Margrét Lára Vidarsdóttir.
Quelle: KSÍ - Knattspyrnusamband Íslands Facebook
Vor allem dank des isländischen Grassroots-Football-Systems (Fußball für alle) gibt es eine große Anzahl junger Mädchen, die sich inspirieren lassen, professionell zu spielen. Anders als in anderen Ländern verfolgt die breite Bevölkerung in Island – angesichts der geringen Einwohnerzahl und des großen Gemeinschaftsgeistes – den Frauenfußball genauso interessiert wie den Männerfußball.
Dies ist insbesondere der Fall, wenn uns unsere Frauen im Ausland vertreten – wie bei der EM 2017.
Viele Isländer reisten in die Niederlande, um ihr Team zu unterstützen, darunter Prominente und der isländische Präsident. Zudem kamen zahlreiche Fußballfans zum Flughafen Keflavík, um ihre Loyalität zu demonstrieren und ihrer Mannschaft zum Abschied zu winken und Glück zu wünschen.
Die Isländerinnen bestritten ihr erstes Spiel bei der EM 2017 gegen Frankreich. Das Team verlor gegen die französische Mannschaft – die auf der FIFA-Weltrangliste auf Platz 3 rangierte – mit 0:1, nachdem diese in der 86. Minute einen Elfmeter erhalten hatte. Eugénie Le Sommer traf für Frankreich und besiegelte so ein enttäuschendes Ergebnis für Island. Während der gesamten Partie hielt der französische Druck die Isländerinnen stets in ihrer eigenen Hälfte, sodass ein Tor für Island immer unwahrscheinlicher wurde. Man beachte dabei, dass Frankreich als Favorit auf den EM-Titel galt.
Das zweite Spiel der Mannschaft bei der UEFA Euro 2017 fand gegen die Schweiz statt: Fanndís Fridriksdóttir sorgte mit einem Tor in der 30. Minute für die frühe Führung Islands. Zwölf Minuten später erzielte Lara Dickenmann den Ausgleichstreffer. In der zweiten Halbzeit spielten beide Mannschaften konzentriert, doch die Ballkontrolle und das beherzte Schießen der Schweizerinnen bescherten den Gegenrinnen ein zweites Tor in der 52. Minute. Trotz elf Minuten Nachspielzeit konnten die Isländerinnen keinen Sieg mehr erringen, sodass ihre Zeit im Wettbewerb vorbei war.
Quelle: KSÍ - Knattspyrnusamband Íslands Facebook
Die Frauenmannschaft hatte schon zuvor eine Reihe von Erfolgen erzielt: Die isländischen Fußballerinnen erreichten die Gruppenphase der UEFA-Frauen-EM 2009 in Finnland und das Viertelfinale der UEFA-Frauen EM 2013 in Schweden. Der höchste Sieg, den sie je errungen haben, war das 12:0 gegen die estnische Mannschaft im Jahr 2009 in Reykjavík. Die höchsten Niederlagen kassierten sie 1996 gegen Deutschland (8:0) und 2000 gegen die USA (8:0).
Die isländische Fluggesellschaft Icelandair hat nicht nur das Männerteam, sondern auch die Frauen unterstützt – und ihnen die Hauptrolle im nachfolgenden Werbefilm gegeben. Der Spot zeigt die Schwierigkeiten, denen Frauen und junge Mädchen oft begegnen, wenn sie versuchen, in Männerdomänen des Sports vorzudringen.
- Siehe auch: Geschlechtergleichstellung in Island
Die Mannschaft steht auch im Mittelpunkt der Doku „Stelpurnar okkar” („Unsere Mädchen“), eines Films unter der Regie von Thóra Tómasdóttir und Hrafnhildur Gunnarsdóttir über die Reise des Teams durch die UEFA-Frauen-EM 2009.
KSÍ | Der isländische Fußballverband
Der isländische Fußballverband (Knattspyrnusamband Íslands, KSÍ) ist das allgemeine Leitungsorgan des isländischen Fußballs. Der erste Teil des scheinbar unaussprechlichen Namens („Knattspyrna“) bedeutet übersetzt „Ballkicken“.
Wikimedia. Creative Commons. Quelle: Ivar1988
Der am 26. März 1947 gegründete KSÍ ist zuständig für: die Männer- und Frauennationalmannschaft, die isländische Fußballliga (Úrvalsdeild karla), die Trainer- und Schiedsrichterausbildung, Lizenzvergaben und die Förderung des heimischen Interesses an diesem Sport. Der KSÍ trat 1947 der FIFA und 1954 der UEFA bei.
Gudni Bergsson ist der derzeitige Präsident des isländischen Fußballverbands; gewählt wurde er am 11. Februar 2017. Gudni begann seine eigene Fußballerkarriere beim isländischen Klub FC Valur, bevor ihn seine Ambitionen ins Ausland trieben. Nach einem ersten Engagement beim englischen Club Aston Villa wechselte Gudni später zu Tottenham Hotspur, wo er von 1988 bis 1995 als Verteidiger spielte. Während seiner Zeit bei dem Club wurde Gudni auch Kapitän der isländischen Nationalmannschaft.
Von 1995 bis 2003 spielte Gudni sowohl für die Bolton Wanderers als auch für die Nationalmannschaft. Nach seinem Rückzug aus dem aktiven Sport moderierte Gudni eine beliebte Fernsehshow rund um den Fußball – „Boltinn med Gudna Bergs (Ball mit Gudni)“ – und arbeitete zudem als zugelassener Anwalt in Reykjavík.
Grassroots-Fußball in Island
Viele behaupten, Island sei dem Rest der Welt weit voraus, wenn es um Grassroots-Fußball geht. Das war nicht immer so, aber die „Triebkräfte“ in Verbindung mit Talent, Energie und Interesse lassen sich bis zum Beginn des Jahrtausends zurückverfolgen; damals begann das Land, in den Bau großer, überdachter Arenen – die „Soccer Houses“ (Fußballhäuser) – zu investieren.
Früher galt Fußball in Island – angesichts der starken Winde, des unwegsamen Geländes und der unwirtlichen Temperaturen – als Sommersport. Sportbegeisterte verbrachten den Winter damit, den Nationalsport des Landes – Handball – oder auch Basketball zu spielen. Doch die Einführung der Kunstrasenplätze machte es den angehenden Fußballern plötzlich möglich, das ganze Jahr über zu trainieren.
Kurse – mit Schwerpunkt Training – gibt es für Kinder ab vier Jahren; und Siebenjährige haben bereits die Möglichkeit, dreimal pro Woche zu trainieren. Im Jahr 2016 hatte Island 600 ausgebildete Elite-Trainer (einen pro 550 Personen). Zum Vergleich: In England kommt ein Elite-Trainer auf 11.000 Einwohner.
Die isländische Fußballliga (Úrvalsdeild karla)
Die Úrvalsdeild karla ist die höchste Fußballliga Islands; 2016 wurde sie von der UEFA weltweit auf Platz 35 geführt. Die Liga existiert seit 1912 und bestand bis 2008 aus zehn Vereinen; danach wurde die Zahl der Teams auf zwölf erhöht – ein Versuch des isländischen Fußballverbands, das heimische Interesse am Fußball zu stärken. Wegen des Sponsorings durch die isländische Tochtergesellschaft Ölgerdin wird die Liga manchmal auch „Pepsi-Liga“ genannt.
Quelle: KSÍ - Knattspyrnusamband Íslands Facebook
Alle Clubs der Liga spielen zwei Spiele gegeneinander – eines zu Hause und eines auswärts. Aufgrund der harten Winter in Island dauert die Saison nur von Mai bis September; danach steigen die beiden letztplatzierten Vereine in die Division 1 ab, während die beiden ersten Clubs der Division 1 in die Úrvalsdeild karla aufsteigen.
Der Meister im Jahr 2016 war zum achten Mal der FH Hafnarfjördur, ein „Kraftwerk“ von einer Fußballmannschaft seit Anfang des Millenniums. Die Reykjavíker Mannschaft Knattspyrnufélag Reykjavíkur kann jedoch mehr Gesamtsiege verbuchen – in der jahrhundertelangen Liga-Geschichte holte sie 27 Mal den Titel (dicht dahinter der FC Valur mit 22 Siegen).
Die Ligavereine spielen sowohl im isländischen Cup als auch im isländischen Liga-Cup. Die Gewinner des erstgenannten Wettbewerbs (gegründet 1960) – dessen Finale Mitte August in Laugardalsvöllur stattfindet – qualifizieren sich für die UEFA Europa League. Der isländische Liga-Cup, auch bekannt als „Deildabikar“, gilt als drittwichtigster Wettbewerb im Land. Knattspyrnufélag Reykjavíkur ist der aktuelle Meister des isländischen Liga-Cups.
Die wichtigsten Spieler im isländischen Fußball
Albert Guðmundsson
Quelle: KSÍ - Knattspyrnusamband Íslands Facebook
Albert Gudmundsson (1922 - 1994) war der erste isländische Profifußballer. Als junger Mann spielte Albert für Valur, bevor er nach Schottland ging, um am Skerry's College in Glasgow Wirtschaft zu studieren. Während seines Aufenthalts in der Stadt verfolgte Albert seine Ambitionen als Fußballer weiter und kickte für den schottischen Club FC Rangers. Später spielte er als Amateur für den Londoner Verein FC Arsenal.
Nachdem er die Aufmerksamkeit französischer Sport-Scouts auf sich gezogen hatte, ging Albert zum Football Club de Nancy (einem inzwischen aufgelösten Team (1968)) und beendete die Saison als Torschützenkönig; er hatte in jedem Cup-Spiel mindestens zwei Treffer erzielt. Nach seiner Zeit beim FC Nancy wurde er beim AC Milan unter Vertrag genommen. Leider wurde sein Vertrag mit dem Club schließlich wegen einer Knieverletzung aufgelöst, und nach seiner Genesung kehrte Albert nach Frankreich zurück, wo er für Vereine wie RC Paris und FC Nice spielte.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Profifußball trat Albert 1970 der Unabhängigkeitspartei bei und gehörte ab diesem Jahr dem Stadtrat von Reykjavík an; 1974 wurde er zum Mitglied des Althingi gewählt, und zehn Jahre später folgten Amtszeiten als Finanz- und Industrieminister. Nach seinem Rücktritt bewarb sich Albert um den Posten des Präsidenten, verlor aber gegen Vigdís Finnbogadóttir, die erste demokratisch gewählte Präsidentin der Welt.
Sara Björk Gunnarsdóttir
Sara Björk Gunnarsdóttir (geboren am 29. September 1990) ist eine isländische Profi-Fußballerin, die derzeit für den deutschen Verein VfL Wolfsburg spielt.
Es scheint, als sei Sara Björk schon immer für den Profifußball bestimmt gewesen: Im Alter von sechs Jahren kam sie zu ihrer lokalen Mannschaft Haukar, wo sie zwölf Jahre lang blieb. Später wechselte sie für drei Saisons zu Breidablik und danach zum schwedischen Club LdB FC Malmö. In Schweden war sie sofort erfolgreich und erzielte zwölf Tore auf dem Weg zum Damallsvenskan-Titel.
Sie spielt seit 2007 (16 Jahre) für die isländische Nationalmannschaft und hat 2009, 2013 und 2017 an der UEFA-Frauen-EM teilgenommen. Während des Mutterschaftsurlaubs von Margrét Lára Vidarsdóttir agierte Sara Björk zum ersten Mal als Mannschaftskapitänin für Island.
Eiður Smári Gudjohnsen
Eidur Smári Gudjohnsen (geboren am 15. September 1978) ist ein erfolgreicher isländischer Profifußballer, der hauptsächlich als Stürmer eingesetzt wurde. Er ist der Sohn des ehemaligen isländischen Spielers Arnór Gudjohnsen, und sein internationales Debüt gab er, nachdem er 1996 als Ersatz für seinen Vater eingewechselt wurde.
Zu seinen zahlreichen Erfolgen zählen Engagements beim englischen Premier League-Club FC Chelsea und beim spanischen Top-Verein FC Barcelona. Außerdem war er zweimal (allerdings mit einem Zeitabstand von 14 Jahren) bei den Bolton Wanderers unter Vertrag. Darüber hinaus spielte Eidur für Monaco, AEK Athens und für das chinesische Superliga-Team Shijiazhuang Ever Bright.
Er war zudem Kapitän des isländischen Teams, bis die Mannschaft vom Trainer und ehemaligen isländischen Spieler Ólafur Jóhannesson übernommen wurde. Eidur hat in seiner gesamten Profikarriere über 150 Tore erzielt. Sein letztes internationales Match spielte er bei der Euro 2016 gegen Frankreich.
Gylfi Sigurðsson
Quelle: Gylfi Þór Sigurðsson Facebook
Gylfi Thór Sigurdsson (geboren am 8. September 1989). Gylfi ist der höchstbezahlte isländische Fußballspieler der Geschichte – er verdient 40 Millionen ISK pro Monat. Im Jahr 2010 gab er sein Debüt in der isländischen Nationalmannschaft.
Bis 2017 spielte Gylfi im Mittelfeld für den walisischen Club Swansea City. Er begann seine Profi-Karriere im isländischen Profifußball und spielte 2002 für Fimleikafélag Hafnarfjardar und später für Breidablik Kópavogur. Sein erster Club im Ausland war der FC Reading; dort spielte er im Rahmen eines akademischen Stipendiums für die Jugendmannschaft des Vereins. Gylfi war einer von fünf Studenten, die nach dem Stipendium für einen Profivertrag ausgewählt wurden.
Während seiner Zeit beim FC Reading wurde er zum größten Verkauf in der Geschichte des Clubs – mit seinem Wechsel zum DFB-Club TSG 1899 Hoffenheim. Während dieser Periode wurde er zweimal zum Spieler der Saison gewählt, einmal in Reading, das andere Mal bei Hoffenheim. Später wurde er an Swansea und Tottenham Hotspur ausgeliehen.
Margrét Lára Viðarsdóttir
Wikimedia. Creative Commons. Quelle: Anders Henrikson
Margrét Lára Vidarsdóttir (geboren am 25. Juli 1986) ist eine isländische Profifußballerin und fungierte als Kapitänin der Frauennationalmannschaft. Als Stürmerin gab Margrét im Alter von 15 Jahren ihr Úrvalsdeild-Debüt und wechselte daraufhin rasch zu Valur, wo sie sich als erfolgreiche Torschützin hervortat.
Ihr Talent blieb nicht lange unentdeckt: Margrét wurde von internationalen Clubs hartnäckig „gejagt“ und spielte 2001 erstmals in der isländischen Jugendnationalmannschaft. Der inzwischen nicht mehr existierende deutsche Verein FCR 2001 Duisburg war der erste, der sie unter Vertrag nahm und für den sie ab 2007 ein Jahr lang kickte. Im folgenden Jahr kehrte sie nach Island zurück, um für den FC Valur zu spielen, und 2003 feierte sie ihren Einstand in der isländischen Frauenmannschaft.
Seitdem hat sie für folgende Clubs gespielt: FC Linköpings, Kristianstads DFF,Turbine Potsdam. Ihre Schwester ist Elísa Vidarsdóttir, Verteidigerin im Nationalteam.
Island & die FIFA-Weltmeisterschaft 2018
Im Jahr 2018 machten sich die isländischen Fußballer erneut auf den Weg, um ihre Wikinger-Abstammung unter Beweis zu stellen und ihre Gegner mit Takt, Anmut und brennendem Ehrgeiz zu schlagen. Die Sportfans wünschten sich einen weiteren historischen Beitrag zum Ansehen Islands in der Welt.
Island landete in der Gruppe 1 der Qualifikationsrunde für die Fifa-WM 2018 und musste dort gegen den Kosovo, die Türkei, Kroatien, die Ukraine und Finnland antreten. Zum größten Teil waren die Qualifikationsspiele so unterhaltsam und lohnenswert, wie der Sport nur sein kann. Von Anfang an unternahm das isländische Team Riesenschritte, um den Platz seines Heimatlandes in der Geschichte des Fußballs zu festigen; mit Siegen über die Türkei (3:0), die Ukraine (2:0) und Kroatien (1:0) sorgten die Isländer für großes Aufsehen.
In zehn Qualifikationsspielen erzielte Island mehr als respektable 16 Tore und hatte am Ende sieben Siege, zwei Niederlagen und ein Unentschieden zu verzeichnen. Das letzte Spiel gegen den Kosovo, so hofften die Isländer, sollte der Höhepunkt werden – eine Vorfreude, die durch die vorherige Leistung des Kosovo noch angefeuert wurde (8 Niederlagen, 1 Unentschieden und 0 Siege).
In diesem letzten Spiel erzielte Island in der ersten Halbzeit einen Treffer, in der zweiten einen weiteren, und am Ende stand es 2:0 für Island. Die Inselnation schafft erstmals den Eintritt in eine Weltmeisterschaft!
Leider scheiterte die Mannschaft in der Vorrunde in der vermeintlich stärksten Gruppe (Nigeria, Argentinien, Kroatien) am Gruppensieger Kroatien. Trotz alledem war Island mehr als Stolz auf seine Helden, die in Russland großen Kampfgeist bewiesen.
Mit einem ständig wachsenden Talentpool und einer Entschlossenheit, die sogar die etablierten Meisterschaftsteams übertrifft, ist Islands Versuch, internationale Meisterschaften zu gewinnen, so gut wie der aller anderen. Wer hätte das jemals in Betracht gezogen?
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